Anfang der Dreissiger Jahre: Die Ereignisse in der auf ihren Niedergang zusteuernden Weimarer Republik und die Vorgänge in Neuendettelsau überschlagen sich. Bei der Reichstagswahl am 6. November 1932 wählt die Mehrheit der Bürger Neuendettelsaus die NSDAP.1 Auch die Redaktion des Freimund unter Friedrich Eppelein ist sich einig:
[Wir bekennen], dass wir den Grundgedanken, den Grundwillen des Nationalsozialismus mit Freudigkeit bejahen, die grosse Erkenntnis, die uns Deutschen jetzt von Gott durch Adolf Hitler geschenkt ist.
Freimund, 20. Juli 1933
Im Jahr 1933 drei Monate nach Ernennung des neuen Reichskanzlers bezeichnet Friedrich Eppelein ihn als den „grossen Führer“, den „starken Gottesfinger“, der jetzt am Werk sei.2
Ein euphorisches Ereignis für die gesamte Missionsanstalt ist der 20. April 1933, der 44. Geburtstag des Reichskanzlers. Pünktlich erhält er Geburtstagsgrüsse aus Neuendettelsau, die in der Aprilausgabe des Freimund veröffentlicht werden:
Unser Führer Adolf Hitler!
Hochverehrter Herr Reichskanzler!Die fränkische Gemeinde Neuendettelsau bei Nürnberg möchte ihrer Freude über die Wendung der Dinge in Deutschland und ihrer Verehrung für den Führer des neuen Reiches Ausdruck geben in dem beiliegenden Hitlerlied.
Freimund, 30. April 1933
Es ist gedacht als Volks-, Marsch, und Jugendlied, das überall passt und bei jeder Gelegenheit gesungen werden kann.
Es wäre uns eine grosse Freude, wenn Sie, Herr Reichskanzler, das Lied annehmen und anerkennen würden.
Es ist Ihnen gewidmet von der Gesamtgemeinde Neuendettelsau, die Ihnen aus Anlass Ihres Geburtstages für Ihr schweres verantwortungsreiches Amt Heil und Segen von oben wünscht.
Missionsinspektor Christian Keyßer – Urgrossvater des seit 2011 amtierenden Bayreuther Sektenbeauftragten Haringke Fugmann – komponierte das Geburtstagslied eigens für den Führer. Die zweite Strophe seines „Hitlerliedes“ lautet:
Es ist ein Führer uns von Gott gegeben;
Freimund, 30. April 1933
Er stürmt voran, wir folgen treu gesinnt.
Es geht durch Nacht und Tod hindurch zu Licht und Leben;
Es wird nicht Ruhe, bis wir Sieger sind.
Unterzeichnet werden die Glückwünsche zuerst von Missionsdirektor Dr. Eppelein und dem Leiter der Diakonissenanstalt Hans Lauerer. Danach unterschreibt der Bürgermeister, gefolgt vom Führer der SA und Georg Wegers Schwager Michael Deuer, dem Führer des Stahlhelms.3
1 vgl. Vorländer, Hermann: Kirche in Bewegung. Die Geschichte der evangelischen Mission in Bayern, 2014, S. 58
2 Freimund, 27. April 1933
3 Rössler, Hans: Nationalsozialismus in der fränkischen Provinz: Neuendettelsau unterm Hakenkreuz, 2018, S. 66-67
Bildnachweis:
Titelbild: Peter Horree, Alamy Stock Foto, Unbeugsamer Glaube und fanatischer Siegeswille führten zum 30. Januar 1933
Freimund, 30. April 1933
Christian Keyßer – Rössler, Hans: Nationalsozialismus in der fränkischen Provinz: Neuendettelsau unterm Hakenkreuz, 2018