Freimund - Lutherisches Wochenblatt für Kirche und Volk
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Freimund

Dokumentation "Luteranos Brasil" - Teil 9

Der „Freimund” erscheint erstmals im Jahr 1855 und erreicht bis zum Jahr 1941 wöchentlich eine zahlreiche Leserschaft im In- und Ausland. Herausgegeben durch die von Wilhelm Löhe ins Leben gerufene Neuendettelsauer „Gesellschaft für Innere und Äußere Mission im Sinne der lutherischen Kirche”, beeinflusst er in grossem Masse die kirchlich-politische Meinungsbildung seiner Leser – vor allem durch die Ausgaben der frühen Zwanzigerjahre bis zur Einstellung des Blattes 1941.

Bereits zu Zeiten der Weimarer Republik ist der Antisemitismus der Zeitschrift „extensiv und aggressiv. Bis ins Ordinäre reichende, pamphletartige Anwürfe gegen Juden [sind ihr] nicht fremd.”1 Die Stimme des Antisemitismus, das Verlangen nach dem Eingreifen nationaler Kräfte2 und dem Auftreten eines „vaterländisch gesinnten Mannes“3 sind im Wochenblatt laut zu hören. Im Jahr des Hitlerputsches 1923 ist zu lesen:

In keinem anderen Lande wäre es möglich, dass Vaterlandsverräter auf Ministersesseln sitzen und Patrioten [gemeint ist A. Hitler] in Gefängnissen schmachten, […], dagegen russischen Juden und anderen Blutsaugern Tor und Tür offensteht.

Freimund, 1. Januar 1923

Seit 1926 ist Pfarrer Dr. Friedrich Eppelein für die „politische Wochenschau” des Blattes zuständig. Ein Jahr später übernimmt er als Missionsdirektor der „Gesellschaft für Innere und Äußere Mission“ die gesamte Schriftleitung. Das missionarische Wirken des Freimund sollte sich vor allem nach innen in das eigene Volk auswirken:

[…] als bekenntnisbestimmte Lebenskraft der Reformation im Kampf gegen den Unglauben […] gegen römische Gegenreformationsversuche, gegen tote Kirchlichkeit und sektenhaftes Wesen, gegen unlutherische Lauheit, im Willen zur Kirche und zur Schaffung einer dem deutschen Wesen entsprechenden deutsch-evangelischen Volksgemeinschaft.

Sommer, Wolfgang: Freimund – Kirchlich-politisches Wochenblatt für Stadt und Land. Eine regionale Zeitschrift in Franken zur Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 2013, Band 76 [Heft 3], S. 823

Unter Eppeleins Regie vertritt das Blatt durchgehend „einen stramm antirepublikanischen, antidemokratischen, antiliberalen und antisemitischen Kurs.“4 Regelmässig zitiert er aus Hitlers Reden und „Mein Kampf“. Ganz nach dem Vorbild seines Bayreuther Lehrerkollegen Gauleiter Hans Schemm hetzt er gegen die Juden:

Freimund - kirchlich politisches Wochenblatt. Die Judenfrage in christlicher Beleuchtung.

[…] Darum ist es Aufgabe der deutschen Nation auf der Hut zu sein gegenüber den Gefahren, welche von Seiten der jüdischen Nation drohen. Da darf im Sinne Luthers, wenn nötig, auch von gesetzlichen Maßnahmen und Ordnungen nicht Abstand genommen werden.

Missionsdirektor Dr. Friedrich Eppelein im Freimund, 5. März 1931

Auch über das deutsche Volk hätte der jüdische Bolschewismus ein ähnliches, vielleicht ein noch größeres Elend gebracht, wenn nicht der Herr der Geschichte dem deutschen Volk in Adolf Hitler den Retter des Vaterlandes gesandt hätte. Diese unumstößliche Wahrheit darf nie vergessen werden.

Missionsdirektor Dr. Friedrich Eppelein im Freimund, 20. Juni 1935

Der Freimund in Brasilien

Die Missionsanstalt betreibt grossen Aufwand für die Verbreitung des Pamphlets. Auch Pfarrer Georg Weger erhält das Naziblatt regelmässig in Canoinhas, Brasilien. Die Übersendung koordiniert Missionsdirektor Friedrich Eppelein persönlich.

Brief von Eppelein an Georg Weger

Ich hoffe, daß auch der „Freimund“ immer regelmäßig und rechtzeitig in Ihre Hände kommt. Sie können ja aus ihm manches erfahren vom Leben in unserem Volk, in unserer Kirche und nicht zuletzt in unserem Neuendettelsauer Missionswerk. Wenn Sie ihn nicht bekommen sollten, erbitte ich umgehende Nachricht.

Auszug eines Briefes von F. Eppelein an Georg Weger in Canoinhas, 1931

Lieber Adam! Für Deine lb. Zeilen herzl. Dank. – Es freut uns, daß es Euch soweit wieder gut geht. – Freimund erhalte ich nun wieder regelmäßig […]

Brief von Georg Weger an Missionsinspektor Adam Schuster in Neuendettelsau, 1936

1 Sommer, Wolfgang: Freimund – Kirchlich-politisches Wochenblatt für Stadt und Land. Eine regionale Zeitschrift in Franken zur Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 2013, Band 76 [Heft 3], S. 877
2 ebd. S. 812
3 ebd.
4 Rössler, Hans: Nationalsozialismus in der fränkischen Provinz: Neuendettelsau unterm Hakenkreuz, 2018, S. 37

Bildnachweis:
Titelbild: Freimund
Freimund, Kirchl. Polit. Wochenblatt, Nr. 10, 5. März 1931


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